Frank, der Schöpfer // 2017 (Frank, Meier)

Stabhalter „Frank, der Schöpfer (Frank Meier) mit seinen Pagen Selina Burgbacher, Carolin Sackmann und Anja Huber – sowie Gardist Gregor Sackmann // (c) Freundeskreis Walachei e.V. – mit freundlicher Genehmigung von Foto Harder / Joachim Duttenhöfer
 
Frank der Schöpfer ist kein Papiertiger

Text aus der ARZ vom 23. Februar 2017 // von Patric König

Statt Goethe-Balladen lesen die Oberkircher Walachen ab heute die Bibel: Schließlich regiert ab heute kein Geringerer als Stabhalter Frank der Schöpfer. Er löst Andrea die Erlkönigin ab. Beim heutigen Staatsakt wollen die Minister dem Papiermacher beweisen, dass sie nicht von Pappe sind. 

 

Der mächtigste Mann in Oberkirch trägt heute einen hölzernen Stab und eine Kappe mit Fischmotiv: Multifunktionär Frank Meier, seines Zeichens Stadtrat, Vorsitzender der Freien Wähler, Feuerwehr-Vize, Koehler-Betriebsrat, hat ab heute als Stabhalter auch noch in der Walachei das Sagen. Frank der Schöpfer wird ab 15.30 Uhr im Staatsakt in der »Sonne« inthronisiert. Sein Beiname soll dabei nicht darauf schließen lassen, dass in der Walachei ob der Millionenbaustelle Fußgängerzone direkt vor der Haustür der Größenwahn ausgebrochen ist. Er bezieht sich vielmehr auf Meiers Beruf als Papiermacher. Da der Beiname »der Papiertiger« bei den Walachen schon an Hans Grießmayer vergeben ist, musste Meier deshalb zur Kelle greifen, mit der man früher Papier schöpfte. Der Schöpfer ward geboren – die Walachen können ihn gut gebrauchen. Erlkönigin zieht von dannen: Da sich seine Vorgängerin, »Erlkönigin« Andrea Korward-Sackmann, nun wieder unerkannt unter das Walachen- und Narrenvolk mischen kann, benötigt die Walachei nicht nur einen radikalen Neubeginn. Nein, es bedarf schon eines Schöpfers, um Neues zu gestalten. Andrea macht zukünftig wieder das, was das Ziel jedes Erlkönigs ist: unerkannt von dannen ziehen. Halt, nein so war es nicht. Andrea schenkte den Walachen ein bombastisches Bachfestwetter. Einen Familienausflug mit Brauereibesichtigung, nach dem Motto: »Alles für meine Walachenminister.« Ihr wohl größter Erfolg betrifft ihren Gatten: »So ruhig war Mario das Lästermaul noch nie.« Doch heute findet die Frauenära in der Walachei ihr jähes Ende. Mit Frank schlagen die Walachen wieder ein neues, papiergebundenes Kapitel auf. Ob die Minister der Walachei bei dem Freien Wähler eine freie Wahl hatten, konnte zu Redaktionsschluss noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Frank wird die verwässerten Walachen mit seinem Schöpfsieb auffangen und von überschüssigen Wasserballast befreien. Er will beim Staatsakt in der Sonnenburg aus dem Vollen schöpfen und einen Konfettiregen nach dem anderen auf die Gäste niederregnen lassen. Jürgen, der Sonnenwirt, hat die Statik der Sonne vorsichtshalber schon angepasst. Gewichtiges Gastgeschenk: Weiter hat die ARZ aus sicherer Quelle erfahren, dass es in diesem Jahr für jeden Ehrengast und jede Stabhalterei, eine Palette Papier als Geschenke geben wird. Etwaigen Verletzungen hat Frank schon vorgebeugt. Sollte sich einer der Minister an einem Blatt Papier schneiden, wird er von den in Erster Hilfe bewanderten Minister Frank Hund und Rudi Lienhard verarztet. Und sollte beim Staatsakt jemand eine Brandrede halten, wird der Schöpfer höchst selbst als langjähriger Feuerwehrvizekommandant den Löschangriff leiten. Eine Analogie zum Fußball weisen die Walachen aber von sich: Es steht nicht so schlecht um sie, dass sie einen »Feuerwehrmann« als Chef verpflichten mussten. Nein, Frank ist kein Mann für den schnellen Erfolg, sondern einer, der mindestens ein Jahr Großes schaffen will. Deshalb überlässt der Schöpfer nichts dem Zufall: Büttenreden mussten bereits im Vorfeld auf Durchschreibepapier geschrieben werden, damit der Stabhalter den Durchschlag genehmigen kann. Bei Nichteinhaltung werden arbeitsrechtliche Schritte in Erwägung gezogen. In solch einem Falle, kann Frank der Schöpfer gerne als Betriebsrat hinzugezogen werden. Er lässt sich jedoch nicht gerne als Paragrafenreiter betiteln. Denn das Paragrafenreiten bringt den Wallach nicht vom Fleck. Papierkrieg beim Umzug: Einen kleinen Papierkrieg will er dennoch anzetteln – schließlich soll die »Dicke Berta« in dieser Fasentkampagne durch eine Konfettikanone ersetzt werden. Weiter werden im Kindergarten, beim Kinderumzug und am Fasentumzug 2018 die Gutsele gestrichen und durch kostengünstigeres Papierschnipsel ausgetauscht. Und auch Goethes »Erlkönig«-Ballade hat als Gutenachtgeschichte für die ganz jungen Walachen ausgedient: Frank empfiehlt die Bibel als Bettlektüre – die Schöpfungsgeschichte genauer gesagt. Einen prominenten Bewohner der Walachei wird das besonders freuen: Stadtpfarrer Lukas Wehrle. Vom Gebet zur Politik: Den Rathausschlüssel, den die Walachen am heutigen Schmutzigen Donnerstag dem OB entreißen werden, wird Meier nach der Fasent nicht wieder zurückgeben. Als Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler möchte er sich die Gelegenheit, ein Jahr der Chef im Ring zu sein, nicht entgehen lassen. Beim Maienstellen werden die Minister auch wieder auf die geeignete Viskosität (=Durchlauf von Flüssigkeiten mal Öffnungen mal Zeit) eingestellt und danach wieder in die rechte Laufrichtung gebracht. Weiter wird der Papiermacher-Meister, wie er es von seiner Arbeit gewohnt ist, auch bei der Sure-Bohne-Wanderung die abgegebene Energie einsammeln lassen. Mit dieser lassen sich doch locker eine Tonne Papier herstellen oder das Oberkircher Schwimmbad ein Jahr lang beheizen. Mit der Renchtalzeitung zugedeckt: Auf die Fischkappe der Walachen war der 46-Jährige übrigens schon als Kind scharf, obwohl er selbst in Klein-Basel aufgewachsen ist. Seine Großeltern aber wohnten in der Ring-Walachei. Sie legten ihm nicht nur die närrischen Vorlieben, sondern auch den Beruf in die Wiege. Dass Frank seinen Werdegang in der Papierbereitung gesehen hat, lag ein Stück weit auch an seiner Oma, die in Oberkirch weithin als »Zittungsmeierei« bekannt war. So war »klein Frank« bestimmt mit einer Renchtalzeitung zugedeckt worden. Die Renchtalzeitung war quasi seine Windel.